Ein Oktoberfest, länger als der Trojanische Krieg – FAZ

Zwei Abende in Wien, zwei Vorstellungen, deren Ausrichtungen nicht unterschiedlicher sein könnten. An einem milden Tag – der Frühling lässt sich bereits erahnen – zuerst zu „Kasimir und Karoline“ ins Volkstheater. Ein Stück dieses Namens stammt von Ödön von Horváth aus dem Jahre 1932. Im Programmheft liest man sodann aber mit einigem Erschrecken – was in der ersten Spielzeit 2015/16 unter der neuen Leitung des Hases Shakespeares „Romeo und Julia“ angetan wurde, hat man noch in unangenehmer Erinnerung –, dass hier nun Horváths Volksstück in der Fassung von Roland Koberg, Dramaturg, und Philipp Preuss, Regisseur, geboren 1974, gegeben werden soll.

Hebt sich der Bühnenvorhang, blickt man auf einen weiteren, kreisrunden Vorhang aus LED-Strähnen, den Bühnenbildner Ramallah Aubrecht um die Drehbühne herum drapiert hat, darinnen noch einige weitere Leuchtstreifen, die Ahnung eines Irrgartens oder Spiegelkabinetts – das Münchner Oktoberfest! Zusätzlich ermöglicht eine Kamera in Vogelperspektive den Blick auf das Festpublikum, das begeistert dem Zeppelin zuwinkt, der, auf dem Weg nach Oberammergau („aber dann kommt er wieder zurück und wird einige Schleifen über uns beschreiben“, weiß die Karoline) hoch über der Wiesn fährt. Dem Kasimir aber ist das wurscht, wie er sagt. Er verlor gestern seine Arbeit als Chauffeur, „abgebaut und bald ausgesteuert“, da bereitet ihm der Besuch des Volksfestes mit seinem schon damals teuren Vergnügungen wenig Freude: „da hab ich jetzt noch ein Kapital von rund vier Mark, aber heut sauf ich mich an und dann häng ich mich auf“.

Ein schönes, tieftrauriges Bild genügt nicht

Mit Stefanie Reinsperger und Rainer

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